Schadenersatz: Patientin gegen Metall-Implantate

Mit der Aufklärungspflicht eines Zahnarztes beim Einsatz eines Titan-Implantates hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in einem Hinweisbeschluss vom 27.5.2021 (12 U 173/20) befasst.

In dem konkreten Fall wurde ein Zahnarzt von einer Patientin wegen des Vorwurfs von Behandlungsfehlern auf Rückzahlung des Zahnarzthonorars, auf die Zahlung von Schmerzensgeld und auf Feststellung einer Ersatzpflicht für zukünftige Schäden in Anspruch genommen. Der Zahnarzt habe unter anderem entgegen ihrem ausdrücklich erklärten Wunsch, kein Metall beim Einsatz von Zahnimplantaten zu verwenden, Implantate aus Titan eingesetzt. Bei den Implantaten handelte es sich um zwei Ankylos-Implantate, die ausschließlich aus Titan bestehen und mit Vollkeramik-Abutments und Vollkeramikkronen versorgt wurden. Vom Landgericht Potsdam (Urt. v. 8.7.2020 – 11 O 144/15) wurde der Zahnarzt verurteilt, an die Patientin ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro, weitere 5.569,34 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen, und eine Ersatzpflicht für künftige Schäden ausgesprochen.


DIE ENTSCHEIDUNG
In seinem Hinweisbeschluss bestätigte das OLG Brandenburg das Urteil des Landesgerichts Potsdam. Es stehe fest, dass der Patientin entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch Implantate eingesetzt wurden, die Titan und damit Metall enthalten. Die Eingriffe erfolgten ohne Einwilligung und damit rechtswidrig. Aus der Behandlungsdokumentation sei keine Einwilligung zu den verwendeten Titan-Implantaten ersichtlich gewesen. Dass der Patientin während der Behandlung mitgeteilt worden sei, dass Titan-Implantate eingesetzt würden, sei aus der Behandlungsdokumentation nicht ersichtlich.
Zwar ergebe sich aus der durch den Sachverständigen ausgewerteten Behandlungsdokumentation die Übergabe einer Infobroschüre sowie ein „ausführliches Beratungsgespräch über das Einsetzen von Ankylos-Implantaten“. Ein Hinweis darauf, dass die verwendeten Implantate Titan enthalten, ergebe sich daraus nicht. Ebenfalls sei nicht belegt, dass der Patientin gegenüber erwähnt worden war, dass es sich entgegen ihrem Wunsch um Metall-Implantate gehandelt habe.


PATIENTENWILLE GRUNDSÄTZLICH BINDEND
Der Wille des Patienten sei für einen Arzt grundsätzlich bindend. Dies sei Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Patienten. Zwar dürfe ein Arzt einem Patienten, der eine bestimmte Vorstellung einer ganz bestimmten medizinischen Versorgung hat – hier der Verwendung von Vollkeramik-Implantaten –, nicht ohne eigene sachkundige Prüfung die gewünschte Behandlungsweise angedeihen lassen, denn dieser schulde eine Behandlung lege artis. Grundsätzlich wäre es aber möglich gewesen, bei der Patientin auch Implantate ohne Metall zu verwenden.


Die Höhe des durch das LG ausgesprochenen Schmerzensgeldes war nach Auffassung des OLG angemessen. Der Zahnarzt habe die Eingriffe zwar lege artis durchgeführt, aber gegen den ausdrücklichen Willen der Patientin. Die Patientin habe zudem einen Anspruch auf Schadenersatz in Form der Rückzahlung des Zahnarzthonorars. Die Behandlung sei eigenmächtig gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen hinsichtlich Metall-Implantats erfolgt. Da weitere Schäden nicht auszuschließen sind, sei auch das Feststellungsbegehren der Patientin zur Ersatzpflicht bei zukünftigen Schäden zulässig und begründet.

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

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