Muss im Arbeitszeugnis gedankt werden?
Im Regelfall endet ein Arbeitszeugnis mit Dank, teils auch Bedauern, und Wünschen für die Zukunft. Ob die Dankesformel allerdings verpflichtend ist oder nicht, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 22. Januar 2022 entschieden (Az.: 9 AZR 146/21) unter Abwägung widerstreitender Grundrechte beider Parteien.
Ein Arbeitnehmer war vom 1. März 2017 bis zum 31. März 2020 als Personaldisponent bei einem Personaldienstleister tätig. In einem, im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens, geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Personaldienstleister, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen. Tatsächlich fand lediglich folgender Satz Einzug: „Zusammenfassend bestätigen wir Herrn J., dass er die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigte.“ Dagegen wollte der Arbeitnehmer nun gerichtlich vorgehen und den Arbeitgeber dazu verpflichten, eine Dankesformel aufzunehmen.
Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hatte sich der Ansicht des Arbeitgebers angeschlossen, woraufhin der Arbeitnehmer in die Berufung ging und vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit der Verpflichtung zur Dankesformel obsiegte.
BAG WÄGT AB
Das BAG verneinte in der gegen das Urteil eingelegten Revision eine Pflicht des Arbeitgebers, eine Dankesformel im Arbeitszeugnis aufnehmen zu müssen. Insbesondere bezog es sich bei der Begründung auf die widerstreitenden Grundrechte beider Parteien. Auf Seiten des Arbeitsgebers seien dies die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG und die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Unternehmerfreiheit und auf Seiten des Arbeitnehmers dessen Berufsausübungsfreit (Art. 12 Abs. 1 GG) aufgrund der durch eine Schlussformel erhöhten Bewerbungschancen und – gegebenenfalls – das aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht. Letztlich sei allerdings das Interesse des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zu dem Arbeitnehmer sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht offenbaren zu müssen, höher zu bewerten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Schlussformel. Auch in weiteren Urteilen (so BAG, 11. Dezember 2012 – 9 AZR 227/11 oder auch: BAG, 20. Februar 2001 – 9 AZR 44/00) ging das BAG davon aus, dass eine solche Formel nicht verpflichtend ist.
RA Michael Lennartz