Kein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld


Rechtstipp. Kann bei einer Gesamtumsatzbeteiligung einer Kieferorthopädin an den Umsätzen einer Praxis die Erstattung höherer Aufwendungen für den Mutterschutzlohn verlangt werden? Mit dieser Frage hat sich das Sozialgericht Düsseldorf in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 4. August 2020 befasst (AZ: S 26 KR 953/18).

In dem konkreten Fall war unter anderem streitig, ob es sich bei der von einem Arbeitgeber an seine Arbeitnehmerin gezahlten Umsatzbeteiligung um Arbeitsentgelt handelt, das im Rahmen des sogenannten Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG) zu erstatten ist.
Auf Basis ihres Arbeitsvertrages erhielt die Kieferorthopädin neben ihrem Grundgehalt eine Umsatzbeteiligung. In der entsprechenden Vertragsklausel wurde dabei auch vereinbart: „Übersteigt der kieferorthopädische Gesamtumsatz der Praxis in einem Kalenderjahr 928.192,00 Euro (Umsatzschwelle), erhält die VN einen Bonus in Höhe von 25 Prozent (Prozentsatz) des darüberhinausgehenden Umsatzes (Bonus). Maßgeblich für die Berechnung des Bonus ist der tatsächlich während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses auf dem Praxiskonto eingegangene Umsatz.


Nach den vorgelegten Abrechnungsbescheinigungen wurde der Arbeitnehmerin für Oktober, November und Dezember 2016 ihr Grundgehalt ausgezahlt. Außerdem erhielt sie für November 2016 einen Umsatzabschlag als „E“ (Einmalbezug) in Höhe von 30.000 Euro.
Die Kieferorthopädin befand sich wegen einer Schwangerschaft seit dem 1. April 2017 bis zum Beginn der vorgeburtlichen Schutzfrist am 12. September 2017 im teilweisen Beschäftigungsverbot (70%). Der Arbeitgeber erhielt nur Erstattungsbeträge auf der Grundlage des Grundgehaltes, wobei er wegen der Nichtberücksichtigung gezahlter Umsatzbeteiligungen Klage erhob.


DIE ENTSCHEIDUNG
Das Sozialgericht Düsseldorf verneinte einen Anspruch auf Erstattung höherer Arbeitgeberaufwendungen. Nach § 1 Abs. 2 AAG hätten die Krankenkassen den Arbeitgebern in vollem Umfang den vom Arbeitgeber nach § 20 Abs. 1 MuSchG gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (Nr. 1) und das vom Arbeitgeber nach § 18 MuSchG bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt zu erstatten (sog. U2-Verfahren).
Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 MuSchG a.F. stand der Kieferorthopädin anteilig mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, zu. Hierbei seien bei der Berechnung des Mutterschutzlohnes und des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld die letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft oder vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung maßgeblich. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bleibe unberücksichtigt.
Der Umsatz mit der Abschlagszahlung hänge nicht ausschließlich vom Arbeitseinsatz der Kieferorthopädin ab, sondern es handele sich vielmehr um einen gemeinsam erzielten Umsatz der Praxis. Eine durchschnittliche kieferorthopädische Behandlung dauere zirka drei bis vier Jahre. Somit würden Umsatzbeteiligungen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt darstellen, unabhängig davon, ob sie als a-Konto-Zahlung oder als Schlusszahlung geleistet werden.

RA Michael Lennartz

www.heilberuferecht.eu

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