Handzettel genügt

Nach dem Beschluss zur Arbeitszeiterfassung im September liegt nun auch die Begründung des Bundesarbeitsgerichts vor. Demnach kann die – nicht zwingend elektronische – Erfassung an die Arbeitnehmer delegiert werden. Und eine Vertrauensarbeitszeit wird es weiterhin geben.

In der Dezember-Ausgabe des DFZ wurde in der Titelstrecke der Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 13. September 2022 (1 ABR 21/22) zur Arbeitszeiterfassung aufgegriffen und diskutiert sowie auf Basis der Pressemitteilung des BAG eine erste juristische Einordnung vorgenommen. Nun liegen seit Dezember auch die ausführlich dargelegten Entscheidungsgründe vor. Dies betrifft unter anderem die Frage, in welcher Form die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat.
In seiner Entscheidung führt das BAG aus, dass sich das Zeiterfassungssystem – trotz des vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwendeten Begriffs der „Messung“ – nicht darauf beschränken dürfe, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (einschließlich der Überstunden) zu „erheben“.
Diese Daten müssten vielmehr auch erfasst und damit aufgezeichnet werden. Anderenfalls wären weder die tägliche noch die wöchentliche (Höchst-)Arbeitszeit sowie deren Einhaltung innerhalb des Bezugszeitraums überprüfbar. Auch eine Kontrolle durch die zuständigen Behörden wäre sonst nicht gewährleistet.
Die Pflicht zur Einführung beschränke sich zudem nicht darauf, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ein Zeiterfassungssystem zur Nutzung bereitstellt. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse er hiervon auch tatsächlich Gebrauch machen, es also aktiv nutzen.


FORM DER ARBEITSZEITERFASSUNG
Ohne konkrete Vorgaben des Gesetzgebers wären zum Beispiel Aufzeichnungen in Papierform möglich, wobei die Aufzeichnung nicht ausnahmslos und zwingend elektronisch erfolgen müsse. Das BAG führt wörtlich aus:
„Dabei besteht – solange vom Gesetzgeber (noch) keine konkretisierenden Regelungen getroffen wurden – ein Spielraum, in dessen Rahmen u. a. die ,Form‘ dieses Systems festzulegen ist. Bei ihrer Auswahl sind vor allem die Besonderheiten der jeweils betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens – insbesondere seine Größe – zu berücksichtigen.
Wie der Verweis des Gerichtshofs auf die Schlussanträge des Generalanwalts erkennen lässt, muss die Arbeitszeiterfassung nicht ausnahmslos und zwingend elektronisch erfolgen. Vielmehr können beispielsweise – je nach Tätigkeit und Unternehmen – Aufzeichnungen in Papierform genügen.
Zudem ist es, auch wenn die Einrichtung und das Vorhalten eines solchen Systems dem Arbeitgeber obliegt, nach den unionsrechtlichen Maßgaben nicht ausgeschlossen, die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren.“


ERSTE EINORDNUNG
Aus den Entscheidungsgründen folgt, dass es eine Aufzeichnungspflicht gibt und dass die Zeiterfassung nicht nur vorzunehmen ist, wenn die Beschäftigten dies möchten.
Zudem muss die Zeiterfassung nicht zwingend elektronisch erfolgen. Der Beschluss bedeutet zudem auch nicht das Ende der Vertrauensarbeitszeit. Geklärt ist, dass die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten an die Arbeitnehmer delegiert werden darf.

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

Zurück