In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, ob eine Zahnärztin auf der Praxishomepage mit dem Begriff ­„Kinderzahnarztpraxis“ werben darf (BGH, Urteil v. 07.04.2023, Az. I ZR 217/20).

Eine zahnärztliche Bezirksstelle, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Berufsaufsicht über die dort zugelassenen Zahnärzte ausübt, hatte den Webauftritt einer in ihrem Bezirk niedergelassenen Zahnärztin als unzulässig qualifiziert, da dort die Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ verwendet worden war. Nach erfolgloser Abmahnung klagte die Bezirksstelle auf Unterlassung.


Das angerufene Landgericht (LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.06.2019 – Az. 38 O 189/18) gab der Klage erstinstanzlich statt, das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.11.2020 – Az. I-20 U 87/19) wies die Klage ab. Vor dem BGH erstrebte die Klägerin mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

DIE ENTSCHEIDUNG


Der BGH wies die Revision als unbegründet zurück. Der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Angabe „Kinderzahnarztpraxis“ berge vorliegend keine Irreführungsgefahr gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 UWG.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine irreführende geschäftliche Handlung ist unter anderem anzunehmen, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Umstände enthält. Hierzu rechnen insbesondere auch solche über die Person oder Eigenschaften des Unternehmers.

KEINE IRREFÜHRUNG DES PATIENTEN


Der maßgeblich angesprochene Verkehrskreis – Eltern, die für ihre Kinder einen Zahnarzt suchten, oder ältere Kinder, die selbstständig über den Behandler mitentschieden – verstehe „Kinderzahnarztpraxis“ so, dass in der Praxis zahnärztliche Leistungen angeboten würden, wie sie in jeder Zahnarztpraxis zu finden seien, aber die Praxis darüber hinaus eine kindgerechte Praxisausstattung und für die Belange von Kindern aufgeschlossene Zahnärztinnen und Zahnärzte mit sich bringe. Er habe aber nicht die Vorstellung, dass die Behandler über eine besondere fachliche Qualifikation verfügten, die ein normaler Zahnarzt nicht habe oder die gar erst im Rahmen einer umfassenden Weiterbildung erworben werden müsste, an deren Ende eine staatliche Prüfung stehe.

DURCHSCHNITTSVERBRAUCHER ERWARTET KEINEN FACHZAHNARZTTITEL


Der angesprochene Verkehrskreis würde den Begriff des Fachzahnarztes und die Voraussetzungen zum Erwerb dieses Titels ohnehin nicht kennen. Auch aus der Berufsordnung folgere nicht, dass der Verkehrskreis annehme, in einer Kinderzahnarztpraxis arbeite ein Zahnarzt, der einen Fachzahnarzttitel für Kinderheilzahnkunde – den es gar nicht gebe – erworben habe.
Eine Irreführung im Sinne der §§ 3, 5 Abs. 1 UWG liege daher insgesamt nicht vor.

 

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

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