Corona-Quarantäne: Ersatz von Verdienstausfall und Betriebsausgaben

Inwieweit hat eine Zahnarztpraxis Anspruch auf Ersatz von Betriebsausgaben neben der Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG? Mit dieser Frage hat sich das Verwaltungsgericht Bayreuth in einem Gerichtsbescheid vom 16.08.2021 (B 7 K 21.292) befasst. Nach Auffassung der Richter sind eine Existenzgefährdung und nicht gedeckte Betriebsausgaben erforderlich.

In dem konkreten Fall wurde von dem Inhaber einer Zahnarztpraxis die Zahlung der Betriebsausgaben für den Zeitraum einer behördlich angeordneten Corona-Quarantäne beantragt.
Zunächst mündlich und dann mit Bescheid vom 08.04.2020 ordnete das zuständige Landratsamt für den Zeitraum vom 04.04.2020 bis einschließlich 21.04.2020 eine häusliche Quarantäne wegen eines vorangegangenen engen Kontakts zu einer positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Person an. Während der Quarantäne blieb die Zahnarztpraxis des Klägers geschlossen.
Der Zahnarzt beantragte bei der Regierung von Oberfranken eine Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG für den Zeitraum der quarantänebedingten Schließung seiner Praxis. Dem Antrag fügte er den Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2017 bei. Die Behörde kam dem Antrag insoweit nach, als sie dem Kläger eine Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 10.596,36 Euro erstattete. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass nach § 56 Abs. 1 IfSG Entschädigung erhalte, wer Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit unterworfen werde. Als Verdienstausfall gelte das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug von Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung in angemessenem Umfang zustehe (§ 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG). Dies gelte bei Selbstständigen entsprechend mit der Maßgabe, dass ein Zwölftel des jährlichen Arbeitseinkommens aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen sei. Erstattung von Betriebsausgaben erhielt der Zahnarzt nicht, worauf er Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhob.


DIE ENTSCHEIDUNG
Nach Auffassung der Bayreuther Richter hatte der Zahnarzt über den bereits zuerkannten Betrag hinaus keinen Anspruch auf Ersatz ungedeckter Betriebsausgaben nach § 56 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 IfSG.


Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG in der zum Zeitpunkt der Quarantäne geltenden Fassung erhalte eine Entschädigung in Geld, wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliege oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Die Entschädigung bemesse sich gem. § 56 Abs. 2 und 3 IfSG grundsätzlich nach dem Verdienstausfall; bei Selbstständigen gem. § 56 Abs. 3 Satz 4 IfSG mit der Maßgabe, dass ein Zwölftel des Arbeitseinkommens aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist.


Daneben könnten gem. § 56 Abs. 4 Satz 1 IfSG bei einer Existenzgefährdung den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Nach Satz 2 erhielten Selbstständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Abs. 1 ruht, auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.


Ein weitergehender Ersatzanspruch für nicht gedeckte Betriebsausgaben scheide aber bereits deshalb aus, weil es an einer Existenzgefährdung des Klägers fehle, die für § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG tatbestandlich erforderlich sei. Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung oder einen sonstigen besonderen Härtefall seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Zum anderen gewähre § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG den Ersatz der Betriebsausgaben allenfalls dann, wenn diese „ungedeckt“ sind. Der Verdienstausfall im Quarantänezeitraum, der zu einer fehlenden Deckung der Betriebsausgaben führen soll, wurde vom Kläger bei der Regierung von Oberfranken geltend gemacht und von Seiten des Beklagten in Höhe von 10.596,36 Euro entschädigt. Dieser Betrag allein übersteige bereits die geltend gemachten Betriebskosten in Höhe von 10.238,94 Euro.

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

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