Arztbewertungsportal: Daten¬erhebung DSGVO-konform
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich erneut mit dem Bewertungsportal jameda befassen. Es ging um die Frage, ob der Betreiber auch ohne Einwilligung der jeweiligen Ärztin oder des Arztes Daten verarbeiten darf.
Ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der weder ein kostenpflichtiges Paket bei dem Plattformbetreiber jameda gebucht noch ausdrücklich in die Aufnahme seiner Daten in das Portal eingewilligt hatte, wollte gerichtlich durchsetzen, dass jameda seine personenbezogenen Daten löscht und die Veröffentlichung eines zu seiner Person angelegten Profils auf dem Portal unterlässt.
Erstinstanzlich (LG München I, Urt. v. 06.12.2019 – 25 O 13980/18) wurde jameda verurteilt, in der Datenbank des Portals sämtliche gespeicherte Daten zu dem klagenden Orthopäden sowie die zu ihm abgegebenen Bewertungen zu löschen und es künftig zu unterlassen, ein Profil mit den Daten des Klägers oder seiner Praxis und dabei gleichzeitig auf diesem Profil Artikel von zahlenden Kunden zu veröffentlichen. Hinsichtlich weiterer 20 Unterlassungsanträge, die die Gestaltung des Basisprofils des Klägers und in Abweichung dazu die Gestaltung der Premiumprofile der zahlenden Kunden betrafen, wurde die Klage erstinstanzlich abgewiesen.
Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger die abgewiesenen Unterlassungsanträge weiter. Das Berufungsgericht (OLG München, Urt. v. 19.01.2021 – 18 U 7246/19 Pre) änderte das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass 13 weitere Unterlassungsanträge (Klageanträge II 5 bis 16 sowie II 18) – unter anderem darauf gerichtet, die Unterscheidung zwischen Basisprofil und bezahltem Profil im Hinblick auf die Möglichkeit, Portraitbilder oder individuelle Inhalte und Bilder zu hinterlegen – Erfolg hatten. Gegen das Berufungsurteil legten beide Parteien Revision zum BGH ein.
Die Entscheidung
Der BGH stellte im Hinblick auf die Revision von jameda fest, dass das Berufungsgericht den weiteren, die Portalgestaltung betreffenden Klageanträgen zu Unrecht stattgegeben habe. Die Voraussetzungen eines sich aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO ergebenden Unterlassungsanspruchs seien nicht erfüllt, da keiner der dort genannten Löschungs- oder Unterlassungsgründe gegeben und die Datenverarbeitung damit nicht unrechtmäßig sei.
Im Streitfall habe der Kläger zwar weder in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten auf dem Portal der Beklagten eingewilligt noch seien die weiteren Voraussetzungen der Regelung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b bis e) gegeben. Die Datenverarbeitung sei aber rechtmäßig, da die Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten und der das Portal nutzenden Öffentlichkeit erforderlich sei. Insofern überwiegten die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers als betroffener Person nicht die von der Beklagten mit dem Portalbetrieb wahrgenommenen berechtigten Interessen.
Mit dem betriebenen Bewertungsportal und der (möglichst) vollständigen Aufnahme aller Ärzte verschaffe die Beklagte der Öffentlichkeit, die das Portal nutzt, zunächst einen geordneten Überblick darüber, von wem und wo welche ärztlichen Leistungen angeboten würden. Darüber hinaus vermittele sie mit der Sammlung, Speicherung und Weitergabe der Bewertungen der Öffentlichkeit einen Einblick in persönliche Erfahrungen und subjektive Einschätzungen von Patienten, die der jeweilige Leser bei der eigenen Arztwahl berücksichtigen könne.
Vorliegend agiere jameda auch als „neutrale Informationsmittlerin“. Es bestehe kein strenges Gleichbehandlungsgebot zwischen dem kostenfreien Basisprofil und den zahlungspflichtigen Premiumprofilen. Entsprechend führe eine Ungleichbehandlung der Profilformen nicht per se zur Unzulässigkeit der Datenverarbeitung im Rahmen des Portalbetriebs.
Dies sei vielmehr erst dann anzunehmen, wenn der Betroffene durch die spezifische Datenverarbeitung entscheidend schlechter stehe, als er ohne seine Aufnahme in das Portal stünde. Dies sei hier nicht anzunehmen, insbesondere da Ärzten, die zahlungspflichtige Profile gebucht hätten, keine verdeckten Vorteile gewährt würden.
RA Michael Lennartz