Für angebliche Behandlungs- und Aufklärungsfehler bleiben die Zivilgerichte auch bei Kostenerstattung zuständig. Eine kuriose, wiewohl wichtige Entscheidung zum Verhältnis von Vertragsarzt- und Zivilrecht hatte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 21.09.2018 zu treffen (Beschl. v. 26.09.2018, Az.: L 11 KA 15/18 B).

Die Klägerin in dem Fall ist gesetzlich krankenversichert und hat das Kostenerstattungsmodell gewählt. Sie ließ sich von dem beklagten niedergelassenen Zahnarzt behandeln, dieser liquidierte für die Behandlung insgesamt rund 4.800 Euro. Die Klägerin erhielt von ihrer Krankenversicherung rund 1.800 Euro erstattet. Die Klägerin zahlte dem beklagten Zahnarzt nur diese 1.800 Euro. Der Zahnarzt klagte den Restbetrag erfolgreich über zwei Instanzen vor den Zivilgerichten (Amtsgericht Kamen und Landgericht Dortmund) ein. Die Klägerin behauptete mit einer neuen Klage – wie schon im Vorrechtsstreit – angebliche Behandlungsfehler und klagte vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund auf Schadenersatz in Höhe des Differenzbetrags. Das SG verwies den Rechtsstreit aber mangels Zuständigkeit zurück an das AG Kamen; dagegen wiederum legte die Klägerin Beschwerde vor dem LSG ein.


DIE ENTSCHEIDUNG

Mit der Beschwerde scheiterte die Klägerin vor dem LSG. Dieses entschied, dass für die behaupteten Schadenersatzansprüche ausschließlich die Zivilgerichte zuständig seien, die Verweisung war demnach rechtens.
Zur Begründung führte das Gericht aus, bei dem Rechtsstreit gehe es allein um das Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient. Diese verbinde ein (zivilrechtlich zu beurteilender) Behandlungsvertrag, demnach seien auch die in Streit stehenden Ansprüche zivilrechtlicher Natur und von den Zivilgerichten zu klären.
Die Sache werde nicht dadurch zu einer Angelegenheit der Sozialgerichte, dass die Klägerin gesetzlich versicherte Patientin sei. Daran ändere § 76 Abs. 4 SGB V, der die Leistungserbringer im vertragsarztrechtlichen System zur „Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts“ anhalte, nichts. Diese Regelung spreche nicht gegen, sondern gerade für die zivilrechtliche Natur der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche.
Der Beschluss ist aus zwei Gründen bedeutsam. Zum einen wäre eine anders lautende Entscheidung eine Einladung an gesetzlich versicherte Patienten im Streit um Eigenanteile oder andere direkt an Ärzte oder Zahnärzte zu zahlende Vergütungen gewesen, den Versuch zu unternehmen, die rechtskräftige Entscheidung von Zivilgerichten durch Klagen auf dem Sozialrechtsweg de facto zu durchbrechen. Zum anderen hätte eine anders lautende Entscheidung die Hemmschwelle für Schadenersatzklagen wegen angeblicher Behandlungsfehler noch weiter gesenkt. Denn vor den Sozialgerichten sind durch einen gesetzlich versicherten Patienten keine Gerichtsgebühren zu zahlen. Bei den Zivilgerichten indes sind diese im Unterliegensfalle von dem Patienten zu tragen und im Übrigen bei Verfahrensbeginn vorzuschießen.

RA Michael Lennartz
www.heilberuferecht.eu

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