Welche vertragsarztrechtlichen Folgen hat es, wenn sich ein Vertragszahnarzt nach einer Praxisbegehung nicht an eine Untersagungsverfügung der nach dem MPG und der MPBetreibV zuständigen Behörde hält und weiterbehandelt? Diese Frage hat das Sozialgericht Schwerin mit Urteil vom 19.02.2020 (AZ: S 3 KA 35/18) beschäftigt.

Der Fall: Nach einer Überprüfung unter anderem der hygienischen Aufbereitung des zahnärztlichen Instrumentariums in einer Zahnarztpraxis verfügte das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern, dass einer Zahnärztin für das in ihrer Praxis aufbereitete Instrumentarium die Anwendung am Patienten solange untersagt wird, bis die personellen, räumlichen, technischen und/oder organisatorischen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Aufbereitung der Medizinprodukte gegeben sind. Die gleichzeitig angeordnete sofortige Vollziehung hob die Behörde im weiteren Verlauf wegen „teilweise bereits umgesetzten Korrekturmaßnahmen“ ab sofort auf. Außerdem verfügte der zuständige Landrat als untere Bauaufsichtsbehörde, die Nutzung des Kellergeschosses als Zahnarztpraxis einzustellen.


In der Folge versagte die zuständige KZV bei einer rechnerischen und gebührenordnungsmäßigen Berichtigung der Zahnärztin einen Honoraranspruch für Leistungen, die in der Zeit vom 5. März bis 27. März 2018 (Anmerkung: Zeitraum der sofortigen Vollziehung) an Versicherte erbracht wurden und die ein steriles Instrumentarium voraussetzen.


Zahnärztin konnte Klage nicht durchsetzen
Die Entscheidung: Mit ihrer Klage gegen die Honorarkürzung konnte sich die Zahnärztin nicht durchsetzen. Die Schweriner Richter kommen zu dem Ergebnis, dass die KZV befugt ist, die Honorarabrechnungen der Zahnärztin für KCH-Leistungen und ZE im Zusammenhang mit dem Honorarbescheid quartalsgleich (hier: I/2018) oder der monatlichen ZE-Abrechnung sachlich und rechnerisch richtigzustellen.


Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage bestehe nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur im Fall rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasse auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. Dementsprechend habe der BSG-Senat in seiner Rechtsprechung das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zum Beispiel bei der Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen angewandt, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten, bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung und bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen.


Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung umfasse auch weitere Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. In diesem Sinn habe die Zahnärztin grundlegend gegen Vorgaben des MPG oder der MPBetreibV verstoßen, wobei ihre Praxisorganisation keine Gewähr für eine gefahrlose Anwendung des zahnmedi­zinischen Instrumentariums geboten habe. Die KZV sei entsprechend zur Richtigstellung der Honoraranforderungen für Leistungen, die die Anwendung keimarmen oder sterilen Instrumenta­riums voraussetzen, berechtigt gewesen. Die für sofort vollziehbar erklärte Unter­­­sagung sei auch im Rahmen ihrer vertragszahnärztlichen Tätigkeit zu befolgen gewesen.

RA Michael Lennartz
www.lennmed.de

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