Poster-Aktion einer KZV rechtens
Anwendbarkeit Wettbewerbsrecht. Eine Poster-Aktion der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe im Zusammenhang mit Verhandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen rief die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V.“ (Wettbewerbszentrale) auf den Plan, die per einstweiliger Verfügung gegen die Kampagne vorgehen wollte.
Die diesbezügliche Entscheidung des OLG Hamm vom 13.08.2019 (4 U 9/19) ist besonders interessant, da es unter anderem um die Frage geht, ob das Wettbewerbsrecht im Verhältnis einer Krankenkasse zu einer KZV anzuwenden ist.
DER FALL
Im September 2018 versandte die KZV ein Rundschreiben an ihre Mitglieder, in dem sie über die aktuellen Honorarverhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen berichtete. Sie teilte mit, dass die Ersatzkassen, namentlich die Techniker Krankenkasse, die BARMER, die DAK-Gesundheit, die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), die hkk und die HEK (Hanseatische Krankenkasse), diese Verhandlungen „ohne Not“ abgebrochen hätten. Sie habe deshalb eine Kampagne vorbereitet, die unter anderem in den Zahnarztpraxen auszulegende Poster und Vordrucke für Postkarten beinhalten solle. Beigefügt waren diesem Rundschreiben Muster für ein Poster und für eine Postkarte. Auf der Musterpostkarte stand beispielsweise „Spende für die (Name Krankenkasse) – Krankenkasse – Es ist scheinbar nötig“
Die Postkarten sollten von denjenigen Patienten, die bei den im Text des Posters genannten Krankenkassen versichert sind, ausgefüllt und an die entsprechende Krankenkasse verschickt werden. Die Zahnärzte sollten ihre Patienten dazu „motivieren“, die Postkarten – oder auch inhaltsgleiche E-Mails – an die Krankenkassen zu versenden.
Die KZV wurde hieraufhin fruchtlos mit dem Argument abgemahnt, dass es sich um eine unzulässige aggressive geschäftliche Handlung handele. Die „Machtposition“ des Arztes im Verhältnis zu seinen Patienten werde ausgenutzt.
Im November 2018 wurde daraufhin beim Landgericht Münster der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt und erlassen. Der Patient werde durch die von der KZV konzipierte Kampagne unter einen unangemessenen Druck gesetzt, sich an der Postkartenaktion zu beteiligen. Er müsse erwarten, die Nicht-Teilnahme könne sich zu seinem Nachteil auswirken. Es sei zu befürchten, dass die Kampagne Patienten dazu bewegen könne, ihre Mitgliedschaft bei den im Text des Posters genannten Krankenkassen zu kündigen und als Mitglied zu anderen Krankenkassen zu wechseln.
DIE ENTSCHEIDUNG
Gegen die Entscheidung des Landgerichts Münster ging die KZV in Berufung und machte geltend, es sei zu Unrecht eine „geschäftliche Handlung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bejaht worden. In seiner Entscheidung folgt das OLG Hamm der Auffassung der KZV.
§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG, der allein als Grundlage für das Unterlassungsbegehren der Wettbewerbszentrale in Betracht komme, sei aufgrund der Spezialregelung des § 69 Abs. 1 SGB V nicht anwendbar. Hiernach werden unter anderem die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Verbänden der Zahnärzte abschließend durch die Vorschriften des SGB V geregelt. Hierdurch solle sichergestellt werden, dass Handlungen der Krankenkassen und der für sie tätigen Leistungserbringer zur Erfüllung des Versorgungsauftrags gegenüber den Versicherten nur nach öffentlichem Recht beurteilt werden. § 69 Abs. 1 SGB V schließe es danach aus, Handlungen der Krankenkassen und der von ihnen eingeschalteten Leistungserbringer, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags gegenüber den Versicherten dienen sollen, nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen.
Die KZV habe bei ihrem Verhalten in Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages gehandelt. Die Kampagne sei Teil der Vertragsverhandlungen zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung. Die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung für die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen sei integraler Bestandteil der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages.
RA Michael Lennartz