Einwilligung eines Berechtigten ist notwendig

Patient unter Betreuung – kein Honorar ohne Zustimmung

Bei der Behandlung von Patienten, die unter Betreuung stehen, ist in mehrfacher Weise Vorsicht geboten. Ganz wichtig ist, dass der Betreuer seine Zustimmung für die Behandlung erteilt, was auch hinsichtlich der zu erwartenden Kosten erforderlich ist. Ohne wirksame Einwilligung nach erfolgter Aufklärung ist die Heilbehandlung zudem rechtlich eine Körperverletzung.

In einer aktuell bekannt gewordenen Entscheidung vom 28.10.2015 (S 12 KA 33/15) befasst sich das Sozialgericht Marburg mit der Frage, ob das Honorar bei fehlender Zustimmung des Betreuers vollständig berichtigt werden kann.

Der Fall

In dem konkreten Fall gab der Sohn einer in einem Pflegeheim wohnenden Patientin an, dass er aus Zufall beim Besuch seiner Mutter auf einen bis dahin unbekannten Herrn gestoßen sei, der sich als behandelnder Zahnarzt vorgestellt habe. Von diesem sei er im Nachhinein darüber informiert worden, dass er seine Mutter ohne sein Wissen und ohne sein Einverständnis behandelt habe. Die Mutter sei wegen ihrer Alzheimererkrankung nicht mehr rechts- und geschäftsfähig, wobei ihm die Besorgung aller Rechtsgeschäfte sowie die Gesundheitsfürsorge obliege. Weder er noch der behandelnde Zahnarzt seien von dem angeblichen Behandlungsbedarf informiert worden.

Mit Bescheid vom 08.05.2014 wurde in dem Fall eine sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von insgesamt 1.698,69 Euro vorgenommen. Zur Begründung wurde dabei ausgeführt, dass es an einem wirksamen Behandlungsvertrag fehle. Honoraransprüche des Vertragszahnarztes bestünden nur, wenn er seinen Honoraranspruch begründen und ausreichend belegen könne. Ein Nachweis für die Erbringung der abgerechneten Leistungen gebe es nicht. Die übersandten Befundunterlagen gingen nicht über die zur Abrechnung übermittelten Daten hinaus. Darüber hinaus dokumentierten diese lediglich einen Teil der durchgeführten Behandlungen und beinhalteten beispielsweise nicht die prothetische Versorgung. Die übersandten Unterlagen entsprächen daher nicht den Vorgaben einer vollständigen Behandlungsdokumentation und seien nicht geeignet, das auffällige Missverhältnis zwischen den teilweise täglichen Besuchsfrequenzen und dem Inhalt der abgerechneten Leistungen zu erklären.

Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt, da ein Behandlungsvertrag nicht zwingend in Schriftform zustande kommen müsse. Der Betreuer habe mehrfach ausdrücklich der Behandlung zugestimmt. Dies sei in den Unterlagen dokumentiert und könne durch Zeugeneinvernahme bestätigt werden.

Die Entscheidung

Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid erhob die von der Kürzung betroffene Zahnarztpraxis Klage, die aber nicht erfolgreich war.

Nach Auffassung des Sozialgerichts Marburg bestand kein Anspruch auf Nachvergütung der bei einer sachlich-rechnerischen Berichtigung abgesetzten Leistungen. Nach § 75 Abs. 1 SGB V hätten die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspreche. Zu den Pflichten der Vertragszahnärzte gehöre unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen.

Karteikarte hat keinerlei Beweiswert

Die Leistungen seien zu Recht abgesetzt worden. Wegen der angeordneten Betreuung hätte der Betreuer dem Behandlungsvertrag zustimmen müssen. Hieran fehle es an einem Nachweis. Eine schriftliche Zustimmung oder Genehmigung habe die Praxis trotz ihrer Ausführungen im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt. Der vorgelegte Auszug aus der Karteikarte sei völlig unbestimmt und ungenau. Im Übrigen habe der Betreuer nachvollziehbar dargelegt, dass er weder gefragt wurde noch der Behandlung in irgendeiner Weise zugestimmt habe.

Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, sei der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, sei die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1 Satz 1 BGB die Maßnahme gestatte oder untersage. Es reiche daher auch für zahnmedizinische Maßnahmen nicht aus, dass lediglich ganz allgemein eine Einwilligung vermerkt werde, ohne dass daraus hervorgeht, für welche Maßnahmen die Einwilligung erteilt worden sein soll. Dem Eintrag in die Karteikarte komme daher keinerlei Beweiswert zu.

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

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