Kündigung bei ständiger Verspätung?
„Pünktlichkeit ist eine Zier, doch besser lebt sich ohne ihr.“ So oder so ähnlich dachte wohl ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber letztlich – nach unzähligen Ermahnungen und Abmahnungen – zu einer außerordentlichen Kündigung motivierte.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hatte sich in seiner Entscheidung vom 08.12.2016 (2 Sa 188/16) mit der Frage zu befassen, ob ständige Verspätungen eine außerordentliche oder zumindest ordentliche und sozial gerechtfertigte verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Gerade für Praxen und Betriebe, die dem Kündigungsschutz unterliegen, hat diese Entscheidung besondere Relevanz.
Der Fall
In dem konkreten Fall verspätete sich ein Arbeitnehmer trotz wiederholter Aufforderungen, pünktlich zu sein, immer wieder, was schließlich den Arbeitgeber zu einer Abmahnung veranlasste. Nach dieser Abmahnung verspätete sich der Arbeitnehmer erneut, worauf er erneut abgemahnt wurde und sich dann wieder verspätete. Letztlich erhielt er dann eine „letzte Abmahnung“ unter Hinweis darauf, dass er beim nächsten Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten im Zusammenhang mit seinem Arbeitszeitbeginn mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen müsse. Auch danach verspätete sich der Arbeitnehmer wiederholt, woraufhin dann eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde.
Die Entscheidung
In der konkreten Fallkonstellation verneinte das Landesarbeitsgericht (LAG) die Zulässigkeit der außerordentlichen Kündigung mangels wichtigen Grundes. Das Gericht betonte aber, dass eine wiederholte Unpünktlichkeit geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreiche. Zwar seien die dem Arbeitnehmer vorzuwerfenden Verspätungen nach den vorangegangenen Abmahnungen an sich geeignet, auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Nach der vorzunehmenden Interessenabwägung wäre es dem Arbeitgeber aber gleichwohl nicht unzumutbar, das Arbeitsverhältnis jedenfalls noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.
verhaltensbedingte ordentliche Kündigung
Für das LAG war die ordentliche Kündigung trotz Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes im Hinblick auf das Verhalten des Arbeitnehmers gleichwohl sozial gerechtfertigt. Das wiederholt schuldhaft verspätete Erscheinen des Klägers im Betrieb trotz einschlägiger vorheriger Abmahnungen sei als Verletzung der Arbeitspflicht an sich geeignet, eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 KSchG zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer sei ausreichend gewarnt gewesen und habe seinen Arbeitsplatz aufs Spiel gesetzt, indem er wenige Tage nach der letzten Abmahnung wiederholt schuldhaft zu spät gekommen sei. Mithin liege ein die ordentliche Kündigung grundsätzlich rechtfertigender verhaltensbedingter Kündigungsgrund vor. Die Revision wurde in dem Fall nicht zugelassen.
RA Michael Lennartz, www.heilberuferecht.eu