Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Kopftuchstreit in der Zahnarztpraxis

Es ist ein Fall der bundesweit für Aufregung in den Medien gesorgt hat: Ein Zahnarzt aus Baden-Württemberg hatte eine Bewerberin für die Stelle einer zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) mit Hinweis auf deren Kopftuch abgelehnt. Nun will die abgewiesene ZFA wegen Diskriminierung klagen.

Der Fall

Der Zahnarzt hatte die Bewerbung nach Medienberichten unmittelbar nach deren Eingang mit den Worten „Wir stellen keine Kopftuchträgerinnen ein und verstehen auch nicht, wie sich Bewerberinnen diese Toleranz vorstellen können“ abgelehnt.

Die Entscheidung

Wie der Fall ausgehen wird, bleibt abzuwarten, denn eine Entscheidung steht noch aus. Die Bewerberin hat Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) angekündigt.

Bislang gibt es in diesem Bereich eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin aus 2012 (Az.: 55 Ca 2426/12), die sich mit einem „Kopftuchverbot“ in einer Zahnarztpraxis befasst hat. In diesem Fall hatte der beklagte Zahnarzt die Einstellung der Trägerin eines Kopftuches von dessen Abnehmen während der Dienstzeit abhängig gemacht und sich zur Begründung auf praxisinterne Kleidungsvorschriften und die durch das Kopftuch verwehrte Möglichkeit zum Tragen von Mundschutz und Haube bei Operationen berufen.

Das Arbeitsgericht entschied, die Auswahl diskriminiere die Bewerberin wegen ihrer Religion und sprach ihr drei Monatsgehälter Entschädigung zu. Die Herleitung des Arbeitsgerichtes war einfach: Das Tragen des Kopftuches sei Ausdruck des religiösen Bekenntnisses, nicht nur ein Accessoire, das aus ästhetischen oder Arbeitsschutzgründen verboten werden könne. Demnach sei die Forderung der Abnahme des Tuches die nach dem AGG verbotene Diskriminierung wegen der Religion. Hygienevorschriften oder andere zwingende betriebliche Gründe zur Rechtfertigung lägen nicht vor, ergo sei ein Schadenersatzanspruch gegeben.

Der Zahnarzt im aktuellen Fall hatte sich Medienberichten zufolge nachträglich auf die Hygiene als Ablehnungsgrund berufen und sich unter anderem auf die Zahnklinik Marburg berufen, die Kopftücher in OPs verbiete.

Die Zahnklinik sprach auf Nachfrage diverser Medien aber von unterschiedlicher Handhabung je nach Abteilung und davon, dass in gewissen Bereichen Einmalhauben anstelle des Kopftuches vorgeschrieben seien. Die Tübinger Uniklinik führt nach eigenen Angaben derzeit die Pflicht einer Einmalhaube „über dem Kopftuch“ ein. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) hat Empfehlungen für den richtigen Umgang mit Kopfbedeckungen (beispielsweise Gestellung und Reinigung durch den Arbeitgeber) herausgegeben, die im Internet unter www.krankenhaushygiene.de abrufbar sind.

Empfehlung

Die Diskriminierung muss der Abgelehnte generell beweisen oder zumindest durch Indizien untermauern. Im Allgemeinen sollte man bei der Ablehnung von Bewerbern mit Angabe einer Begründung – was jedoch nicht erforderlich ist – prüfen, ob die Begründung auch trägt und nicht angreifbar ist.

 

RA Michael Lennartz

www.lennmed.de

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