Zahnärztliche Kooperationen

Eine Praxispartnerschaft will wohl überlegt sein

Die Einzelpraxis ist kein Auslaufmodell – auch wenn es inzwischen andere Formen der Niederlassung gibt, ist sie doch noch immer die beliebteste Form der freiberuflichen Selbstständigkeit. In vier von fünf Zahnarztpraxen arbeiten laut KZBV-Jahrbuch 2014 Einzelkämpfer. Doch gerade junge Existenzgründer entscheiden sich häufig für eine kooperative Berufsausübung. Dies birgt Vor- und Nachteile.

Die Landschaft der Niedergelassenen befindet sich im steten Wandel. Auf niedrigem Niveau steigt die Zahl der Gemeinschaftspraxen seit einigen Jahren. Ein Wachstumsmodell für bereits Niedergelassene ist vor allem die Anstellung von Zahnärzten. Seit Juli 2015 können rein zahnärztliche medizinische Versorgungszentren (MVZ) begründet werden. Im Lichte dieser Entwicklungen sollen nachstehend die aktuell bestehenden Möglichkeiten zahnärztlicher Kooperationen aufgezeigt werden.

Nicht jeder ist für Kooperationen gemacht

Jede partnerschaftliche Kooperation bedeutet eine Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Selbst der relativ lockere Zusammenschluss zur reinen Kostenteilung (Praxisgemeinschaft) bedingt rechtliche Bindungen – zum Beispiel über einen gemeinsamen Mietvertrag. Die Entscheidung für eine Kooperation sollte ungeachtet der rechtlichen Fragen in erster Linie basierend darauf getroffen werden, wie individualistisch man persönlich veranlagt ist. Entscheidet man sich nach reiflicher Überlegung für eine Zusammenarbeit, hat der Zahnarzt die Wahl unter einer Vielzahl unterschiedlicher Kooperationsformen.

Die Berufsausübungsgemeinschaft

Der Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Berufsausübung will gut überlegt sein. Dass damit eine gleichsam „eheähnliche“ Bindung eingegangen wird, ist fast noch untertrieben. Während Ehepartner Verträge auch ausschließlich im eigenen Namen schließen können, werden die Behandlungsverträge mit Patienten immer durch die Gemeinschaftspraxis geschlossen. Für jeden Behandlungsschritt des Partners steht man mit gerade. Waren die Partner vor dem Zusammenschluss bereits niedergelassen, werden auch Ansprüche gegen die vorherigen Einzelpraxen auf die Gemeinschaftspraxis übergeleitet. Bei dieser engen Bindung ist ein hohes Grundvertrauen zwischen den Beteiligten unerlässlich.Die denkbaren Synergieeffekte können das Risiko durchaus wert sein. Der auf der Hand liegende Vorteil ist die Verbesserung der Kostenstruktur, vor allem die bessere Auslastung von Praxisinventar. Über Schichtarbeitsmodelle besteht die Möglichkeit, Abendsprechstunden anzubieten. Die Flexibilisierungen des Zulassungsrechts der letzten zehn Jahre bergen viele Chancen. Über die hälftige Zulassung lassen sich Familie und selbstständige Niederlassung bei gleichzeitiger Teilung des Kostenapparates besser vereinbaren.

Die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) (auch über KZV-Grenzen hinweg) bietet die Möglichkeit zur „Filialbildung“, die sonst nur über Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisräume möglich wäre. Zudem besteht auch für kleine Praxen die Möglichkeit, über ÜBAG-Konstruktionen zu fusionieren, wobei die Einzelstandorte (zunächst) aufrechterhalten werden können. Dies kann beispielsweise interessant sein, wenn ein Mietvertrag noch über Jahre läuft.

Hierdurch lassen sich durchaus sinnvolle Synergieeffekte erzielen. Von verschiedenen Spezialisierungen, einer Zusammenführung des Patientenstamms bis hin zu Vorteilen im Personal- und Abrechnungsbereich (Einsatz der Mitarbeiter an verschiedenen Standorten, Konzentration im Abrechnungsbereich). Auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten, sehr kleine Praxen später verkaufen zu können, kann eine ÜBAG oder eine Auflösung des Standortes zwecks Fusion mit einem Kollegen eine Lösung mit Zukunftsperspektive sein. Man könnte auch überlegen, mit mehreren Kolleginnen und Kollegen einen gänzlich neuen Standort im Wege einer Fusion zu errichten. Dies ist unbedingt von fachlich spezialisierten und versierten Steuerberatern zu begleiten. Auch die rechtlichen Gestaltungen sind nicht einfach. Aber: Der Aufwand kann sich für die Zukunftssicherung durchaus lohnen.

Die Praxisgemeinschaft

Die Praxisgemeinschaft ist letztlich eine reine Organisationsgemeinschaft. Auch hier findet die Kostenteilung statt. Aufgrund der Abrechnung mit zwei Stempeln ist die Senkung des Verwaltungsaufwands gering. Durch die erforderliche strikte Trennung der Karteien entsteht zudem die Situation, dass die bei der Gemeinschaft angestellten zahnmedizinischen Mitarbeiter Zugriff auf beide Patientenkarteien haben, während die Zahnärzte nur in ihre eigenen Unterlagen Einsicht nehmen können. Gerade im Fall des Wechsels eines Patienten von der einen zur anderen beteiligten Praxis, kann dies zu erheblichen Friktionen führen. Die losere Bindung ermöglicht allerdings eine unkompliziertere Auflösung der Partnerschaft.

Laborgemeinschaft

Auch auf Teile der Berufsausübung beschränkte Kooperationen sind möglich. Der klassische Fall ist die Laborgemeinschaft. Dabei teilen sich mehrere Praxen die Infrastruktur eines Zahnlabors und können so zahntechnische Leistungen selbst erbringen, die sich möglicherweise mit einem allein betriebenen Praxislabor nicht rechnen würden.

Das MVZ

Wer wachstumswillig, aber kooperationsunwillig ist, für den mag das MVZ ein möglicher Weg sein. Denn ein MVZ kann als GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) und damit allein gegründet werden. Das bietet die Möglichkeit, ohne eine Kooperationform in Kauf nehmen zu müssen, rein über die Anstellung von Zahnärzten zu wachsen. Das „Zukunftsmodell“ schlechthin ist das MVZ für den wachstumswilligen Zahnarzt trotzdem nicht. Da jeder Vertragszahnarzt ohnehin zwei Zahnärzte in Vollzeit budgetwirksam beschäftigen kann (und sich die Beschäftigungsmöglichkeit in einer Gemeinschaftspraxis je Praxispartner entsprechend steigert), ist auch mit der klassischen Einzelpraxis und Gemeinschaftspraxis ein Wachstum über die Anstellung anderer Zahnärzte möglich. Berücksichtigt man zum Beispiel den erhöhten Gründungs- und Betriebsaufwand einer GmbH (notarielle Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister, Mindestkapital 25.000 Euro, Bilanzierung) bei gleichzeitig – im Ergebnis – nicht verbessertem Haftungsregime, macht das MVZ als GmbH im Regelfall wenig Sinn. Auch ein MVZ in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird wegen der ohnehin bestehenden Möglichkeit der Anstellung von Zahnärzten regelmäßig keine greifbaren Vorteile bringen. Bei allen „Expansionswünschen“ sollte man auch gegenrechnen, ob sich der Aufwand großer Einheiten wirklich lohnt.Über das Onlinecontrolling FVDZ control-doc kann man sehen, wie sich die Praxiszahlen entwickelt haben und wo man im Vergleich zu anderen Praxen steht. Entscheidend ist dabei nicht die Größe der Einheit, sondern der Gewinn und persönliche Einsatz, der zu fahren ist.

Die Anstellung

Eine Anstellung ist natürlich keine „Kooperation“ im klassischen Sinne, aber ein Weg zum Praxiswachstum. Sie ist angesichts veränderter Lebensentwürfe gerade für viele junge Frauen eine Option. Über Umsatzbeteiligungen können einer Partnerschaft ähnliche Leistungsanreize gesetzt werden, ohne die Selbstbestimmung über die wirtschaftlichen Grundlagen der Praxis aus der Hand zu geben. Zudem bietet die Anstellung die Möglichkeit, einen zukünftigen Partner oder Nachfolger rechtlich unverfänglich und ohne gesellschaftsrechtliche Bindung zu erproben.

Kooperation – Vorsicht Falle

Auf die Kooperation zu verzichten ist besser als ein schlecht gemachter Kooperationsdeal. Die Konsequenzen bei „Scheinsozietäten“, wie sogenannten Juniorpartnerschaften (z. B. keine Verlustbeteiligung, „Gehaltsfixum“), reichen von empfindlichen Honorarrückforderungen, Scheinselbstständigkeit bis zu straf- und disziplinarrechtlichen Folgen. Insoweit ist es ganz entscheidend, dass vor Beginn einer Kooperation die Weichen korrekt gestellt werden. So sollten klare Regelungen für die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft getroffen werden.

RA Michael Lennartz, www.lennmed.de

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