Abmahnwelle zu Google Fonts auf Webseiten
Die neue Herbstwelle
Es schwappt eine neue Welle durchs Land und damit ist ausnahmsweise mal nicht Corona gemeint. Vielmehr berichten allerorten Gewerbetreibende und auch Praxisinhaber darüber, dass sie eine „Abmahnung“ wegen Google-Fonts von einem Anwalt erhalten haben. Was hat es damit auf sich und wie ist zu reagieren?
Hintergrund: Schrift auf Praxishomepage und Urteil Landgericht München
Natürlich bekommt nicht jeder Praxisinhaber eine solche „Abmahnung“, sondern nur derjenige, der eine eigene Praxishomepage betreibt, auf welcher sogenannte „Google-Fonts“ in einer bestimmten Weise genutzt werden.
Dazu muss man wissen, dass es sich bei Google-Fonts um Schriftarten handelt, die von Google für die Gestaltung von Homepages zur Verfügung gestellt werden. Die hierfür notwendige Einbindung auf der betreffenden Homepage kann auf zwei Arten passieren, nämlich durch die sog. dynamische Einbindung und andererseits durch das sog. lokales Hosting.
Die dynamische Einbindung ist betreffend einer „Google-Font-Abmahnung“ der Stein des Anstoßes, denn dabei werden die Fonts von einem Server bei Google in den USA abgerufen und hierbei wird auch automatisch die IP-Adresse des Homepage-Besuchers an Google weitergegeben. Das ist ein Problem, denn bei der IP-Adresse handelt es sich um ein personenbezogenes Datum i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO und deren die Übermittlung in die USA bedarf eines Erlaubnistatbestandes (z.B. einer ausdrücklichen Einwilligung), der aber in aller Regel nicht vorliegt.
Das Landgericht München wiederum urteilte Anfang des Jahres in einem konkreten Fall, dass die dynamische Einbindung von Google-Fonts auf einer Homepage rechtswidrig ist und dem klagenden Homepage-Besucher deswegen u.a. ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Homepage-Betreiber in Höhe von 100 € zusteht (vgl. Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20). Und genau hieran knüpft eine „Google-Font-Abmahnung“ an.
Juristische Einordnung der „Abmahnung“
Zunächst einmal wird dem aufmerksamen Leser bereits aufgefallen sein, dass der Terminus „Abmahnung“ in diesem Text stets in Gänsefüßchen gesetzt ist. Das einfach deswegen, weil es sich juristisch gesehen nicht um eine Abmahnung, sondern um ein schlichtes anwaltliches Mahnschreiben handelt, in welchem im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zur Zahlung eines bestimmten Betrags aufgefordert wird (diesseits bekannt ist eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 170 €). Nicht gefordert wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung – nur dann würde es sich nämlich um eine Abmahnung handeln. Dem Schreiben selbst ist noch ein Screenshot beigefügt, welcher die dynamisches Einbindung belegen soll. Merke: Die „Abmahnung“ basiert auf einem dokumentierten Rechtsverstoß und sollte in jedem Fall ernst genommen werden.
Wie ist also zu reagieren?
Die „Abmahnung“ ernst zu nehmen bedeutet aber nicht, dass in jedem Fall der geforderte Betrag unkritisch gezahlt werden sollte, denn zur rechtmäßigen Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches gehört noch ein bisschen mehr und das Landgericht München hat lediglich in einem konkreten Fall geurteilt, was nicht pauschal bundesweit als ständige geschweige denn höchstrichterliche Rechtsprechung eingeordnet werden kann. In der gebotenen Kürze deswegen nachfolgend drei unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten:
1. Gar nichts unternehmen und abwarten, ob der geforderte Betrag tatsächlich gerichtlich durchgesetzt wird. Sollte es wirklich dazu kommen, hat man die Möglichkeit, sich mit guten Argumenten dagegen zu verteidigen. Hintergrundinfo zu dieser Variante: Die „Google-Font-Abmahnungen“ sind für den handelnden Rechtsanwalt ein Massengeschäft, jeweils bezogen auf einen geringen Streitwert. Ob deswegen nicht eingehende Zahlungen tatsächlich weiterverfolgt und Aufwand sowie Prozess-Risiko eingegangen werden, ist zumindest nicht sehr wahrscheinlich.
2. Nicht zahlen und dem mahnenden Anwalt schriftlich erwidern, dass die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt und die Zahlungsaufforderung rechtsmissbräuchlich erscheint, da man anscheinend nur zum Zwecke der Mahnung digital gesucht und angeschrieben wurde. Ebenso scheint es bei den „Abmahnungen“ so zu sein, dass die tatsächliche Rechtsverletzung einer natürlichen Person (Anmerkung: Die dynamische Google-Font-Einbindung lässt sich auch über einen sog. Bot, also ein digitales automatisiertes Programm herausfinden) sowie die Entstehung eines Schadens dieser Person im Schreiben selbst nicht weiter substantiiert geschweige denn tatsächlich nachgewiesen wird.
3. Nicht zahlen, selbst gerichtlich aktiv werden und den Anspruchsteller oder dessen Anwalt auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Ein Angeschriebener hat das bereits getan und vor dem Landgericht Baden-Baden Erfolg gehabt (Beschluss vom 11.10.2022, Az. 3 O 277/22, noch nicht rechtskräftig).
Die vorgenannten Möglichkeiten beziehen sich ausdrücklich auf ein Mahnschreiben, in welchem die Zahlung eines geringen Betrags aufgrund eines vermeintlichen Schadensersatzanspruchs gefordert wird. Sofern es sich allerdings bei dem Anwaltsschreiben um eine wirkliche Abmahnung handelt – es wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert –, ist stets anwaltliche Beratung empfehlenswert!
Außerdem
Was Sie in jedem Falle aber unternehmen und beachten sollten: Binden Sie Google-Fonts durch lokales Hosting auf Ihrer Praxishomepage ein oder lassen Sie dies durch einen Fachmann erledigen! Gleiches gilt im Übrigen auch für Adobe-Fonts oder solche von anderen Anbietern. Außerdem gilt natürlich auch für Drittanbieter-Dienste, Cookies und andere Tools der Homepage, dass es diesbezüglich vor Aktivierung stets einer Rechtsgrundlage (i.d.R. der Einwilligung der Seitenbesucher) bedarf, sofern keine technische Notwendigkeit hierfür besteht.
Für FVDZ-Mitglieder, die bezogen auf Ihre „Abmahnung“ nach juristischen Rat suchen, steht zudem die Möglichkeit der kostenlosen Erstberatung zur Verfügung.
Rechtsanwältin Walburga van Hövell, LL.M. Medizinrecht
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