Wahlprüfsteine des FVDZ zur Europawahl

Parteien zur Europawahl


Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte hat einige Parteien zur Europawahl gefragt, welche Position sie zu den für die
Zahnärzteschaft wichtigen Europathemen beziehen. Die Antworten zum Europäischen Datenraum, zur Medizinprodukteverordnung,
aber auch zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln, Fachkräftemangel, Ausbildung und Green Dentistry
sind hier zusammengefasst, um sie vergleichbar zu machen.

European Health Data Space (EHD) - Europäischer Gesundheitsdatenraum

Der EHDS wird großen Einfluss auf die Digitalisierung der nationalen Gesundheitswesen in den EU-Staaten haben. Wie will Ihre Partei ein Gleichgewicht zwischen dem Mehrwert der Primärdatennutzung und den Interessen Dritter an Sekundärdatennutzung unter Berücksichtigung des Datenschutzes erreichen?

Ein EU-Gesundheitsdatenraum ermöglicht der Forschung durch die Sekundärnutzung von Daten in pseudonymisierter Form die e†ektive Nutzung dieser Daten. Auf unnötige Hürden für Forscherinnen und Forscher sollte verzichtet werden. Regelungen dürfen sich nicht nachteilig auf den europäischen Forschungssektor und damit auf Innovationen im Interesse der Zahnärzteschaft und der Patienten auswirken. Dies würde eintreten, wenn man zu viele Ausnahmefälle für eine Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten etabliert.

Die SPD setzt große Erwartungen in die Errichtung des EHDS. Aus Sicht der Versicherten bzw. Patient*innen ist die Möglichkeit zum Zugriff auf persönliche Patientendaten auch in anderen EUStaaten ein spürbarer Ausdruck der Erleichterung und ggf. auch besseren Versorgung. Das EHDS stärkt einmal mehr die Freizügigkeit. Die Primärdatennutzung in der EU birgt zudem erhebliche Chancen zur Stärkung der Resilienz der Union als Ganzes. Denn wir können uns nur gemeinsam auf Herausforderungen wie Pandemien vorbereiten. Wie wir in Deutschland mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (2923) bereits unterstrichen haben, steht für uns die Frage des berechtigten Interesses eines Akteurs an Daten im Vordergrund.

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat große Vorteile für die gesundheitliche Versorgung von Patient*innen und die Forschung. Der europäische Gesundheitsdatenraum soll deshalb EU-weit den Zugang zu digitalen Patient*innenakten ermöglichen. Um das Innovationspotenzial für eine bessere Gesundheitsversorgung zu heben und gleichzeitig keine Daten gegen den Willen der Patient*innen weiterzugeben, setzen wir bei pseudonymisierten Gesundheitsdaten auf die Möglichkeit des Widerspruchs (Opt-Out) und den Fokus auf gute Datenqualität. Damit wollen wir die Datenverfügbarkeit für gemeinwohldienliche Forschung erhöhen und ö†entlichen Stellen in Notsituationen bessere Einschätzungsmöglichkeiten an die Hand geben.

Wir Freie Demokraten wollen, dass Gesundheitsdaten in Europa einheitlich und in vergleichbarer Form erfasst werden. Zentral soll hier die Schaffung eines gemeinsamen Europäischen Gesundheitsdatenraums sein. In Bezug auf Primär- und Sekundärdaten sind dabei höchste Datenschutzanforderungen anzulegen. Es ist unverständlich, dass Gesundheitsdaten in den Mitgliedstaaten bisher teilweise so unterschiedlich erhoben werden, dass sie kaum miteinander verglichen werden können. Angepasste Datenerhebung ist Grundvoraussetzung, um voneinander lernen zu können. Europaweiter Austausch von Primärdaten wie Diagnosen, Allergien, Medikamentenplänen und Labor- sowie Röntgendaten bietet ein Mehr an Patientensicherheit. Wir setzen uns dafür ein, Sekundärdaten in anonymisierter Form für Zwecke der Forschung oder der politischen Entscheidungsfindung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus muss ein Widerspruch zur Speicherung und Weitergabe von Daten für die Bürgerinnen und Bürger möglich sein.

Der Europäische Gesundheitsdatenraum darf ausschließlich zur Weiterentwicklung und Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bürger*innen in ganz Europa dienen. Das entspricht der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Datenschutzgrundverordnung. Die Linke lehnt jede kommerzielle Nutzung der EU-Gesundheitsdaten ab. Die in elektronischen Patie nt*innen-Akten gespeicherten Daten dürfen nicht zu Profitzwecken gehandelt werden. Ihre Nutzung muss gemeinwohlorientiert sein und der nichtkommerziellen Gesundheitsforschung dienen. Die Patient*innen müssen selbst darüber entscheiden können, ob und wie ihre Daten verwendet werden (,,Opt-in“). Die Linke fordert gemeinsam mit deutschen und europäischen Datenschutz- und Patient*innen-Organisationen, dass die EU-Verordnung so überarbeitet wird, dass die ärztliche Schweigepflicht, individuelle Persönlichkeitsrechte wie der Schutz der Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt sind.

Green Dentistry

Der FVDZ zeigt mit Green Dentistry sein Engagement bei Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in der Zahnmedizin. Welche Ziele verfolgt Ihre Partei zur Ressourcenschonung
und Müllvermeidung im Medizinbereich, um den ökologischen Fußabdruck zu verbessern und die Klimaziele zu erreichen?

Grundsätzlich gilt für uns: Abfälle sollten möglichst gar nicht erst anfallen. Das ist im medizinischen Bereich mit seinen Hygieneanforderungen nicht einfach, aber es gibt auch hier Potenziale durch längerlebige Produkte. Zudem sollten Möglichkeiten der Wiederverwertung/des Recyclings z.B. durch entsprechende Verpackungen oder den Einsatz von Sterilisationscontainern ausgeschöpft werden. Wir begrüßen das Engagement der Zahnärzteschaft in dem Bereich. Durch einen sachgemäßen Umgang mit Abfällen wollen wir die Verbringung in die Umwelt verhindern. Dies gilt insbesondere für umweltschädliche Stoffe. Mit Blick auf die Zahnmedizin ist es zeitgemäß, die Verwendung von Quecksilber schrittweise einzustellen. Für Umstellungen setzen wir aber auf Phase-Out-Prozesse mit Ausnahmen, damit Mitgliedstaaten die notwendige Zeit bekommen, um die Erstattungssysteme anzupassen und Alternativen zu implementieren. Diese Chance wurde auf europäischer Ebene beim Amalgam leider vertan.

Die SPD erkennt die große Bedeutung des Gesundheitsbereichs und die starken Wachstumszahlen in diesem Wirtschaftssektor an. Deshalb braucht es auch einen entsprechenden Beitrag zur Ressourcenschonung, Müllvermeidung und zur Dekarbonisierung in der Gesundheitsversorgung. Krankenhäuser sind in Deutschland schon heute auf die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes verpflichtet. Im Bundesministerium für Gesundheit ist die Abteilung 6 „Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit, Nachhaltigkeit“ neu eingerichtet. Sie soll die Nachhaltigkeitsziele im Ressort berücksichtigen und abteilungsübergreifende Aktivitäten zur Thematik koordinieren.

Green Dentistry halten wir für einen sehr guten Ansatz. Im Medizinbereich insgesamt müssen und können Verpackungen reduziert werden. Einweg scheint auf den ersten Blick bequemer, aber es ist deutlich ressourcenschonender und auf Dauer rentabler, auf hochwertige Mehrwegmedizinprodukte zu setzen. Treibhausgase und Umweltgifte aus dem Medizinbereich müssen fortlaufend reduziert und die Suche und der Umstieg auf Alternativen gefördert werden. Wir GRÜNE setzen uns, wo es technisch möglich ist und Alternativen vorliegen, für eine Beschränkung von per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS), sogenannter Ewigkeitschemikalien, ein. Die Entwicklung von Alternativen muss mithilfe eines differenzierten Regulierungsrahmens gestärkt werden. Wir wollen Tierversuche für die Arzneimittelentwicklung und Grundlagenforschung verringern. Die in der EU geltenden Standards sollen auch für Importe aus anderen Teilen der Welt gelten.

Wir Freie Demokraten wollen Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Gesundheitswesen stärken und bekennen uns zur Nachhaltigkeitsagenda 2030 der Vereinten Nationen. Wir wollen Medizintechnikunternehmen Anreize geben, neue Technologien zu nutzen und zum Beispiel den Einsatz von Biokunststoffen in der Verarbeitung zu Medizinprodukten zu verwenden. Wo medizinisch und unter Gewährleistung der hohen Hygienestandards möglich, soll Verpackungsmüll reduziert werden, etwa durch die Verwendung von Großgebinden für regelmäßig benötigte Materialien sowie das Weglassen von Umverpackungen. Der Anteil an biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln kann deutlich erhöht werden. Verfahrensabläufe sollen auf ihre tatsächliche Notwendigkeit überprüft werden. Die Möglichkeiten des seit 2016 gültigen EHealth- Gesetzes sollen optimal genutzt werden. Es sollten Anreize gesetzt werden, die den Einsatz digitaler Röntgentechnologie fördern. Diese kommt ohne umweltschädliche Chemikalien wie Entwickler- und Fixierflüssigkeiten aus, denn der herkömmliche Röntgenfilm wird durch digitale Speicherfolien oder Sensortechnologie ersetzt.

Unsere Gesellschaft muss in allen Bereichen besser werden, in denen Ressourcen und Energie verbraucht werden sowie Abfälle und Emissionen entstehen. Green Dentistry ist ein Teil davon. Damit aus der Nische Mainstream wird, brauchen wir in den Bereichen, in denen Green Dentistry nicht ohnehin schon der ökonomisch bessere Ansatz ist, kluge, treffsichere und möglichst bürokratiearme Anreizsysteme. Wir begrüßen hier das Engagement des FVDZ und sprechen gerne mit Ihnen über Ihre Vorschläge.

Gesundheitsunion - Lieferengpässe von Arzneimitteln

Eine „Gesundheitsunion“ sieht der Verband aufgrund sehr unterschiedlicher nationaler Gesundheits- und Versorgungssysteme kritisch. Welche Linie vertritt Ihre
Partei, um Lieferengpässen im Medizinbereich in Zukunft in Europa besser begegnen zu können?

Wir wollen eine Gesundheitsunion schaffen, die aber nicht zu einer Vereinheitlichung der Gesundheitssysteme führt. Wir wollen die Versorgungssicherheit mit Medikamenten und Medizinprodukten, insbesondere für Kinder, innerhalb der Europäischen Union unter anderem durch Stärkung der europäischen Forschungs- und Produktionskapazitäten sicherstellen. Wir wollen daher investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie schaffen, damit wieder mehr Medikamente wie z.B. Antibiotika und Kindermedikamente in Produktionsstätten in Europa hergestellt werden. Dazu gehören etwa ein umfassender Patentschutz und vielfältigere Lieferketten. So begegnen wir der Medikamentenknappheit und sorgen vor.

Die SPD bekennt sich nachdrücklich dazu, dass die Regelungen zur Sozialversicherung dem nationalen Recht vorbehalten bleiben sollen. Allerdings ist es nicht zu bestreiten, dass eine größere Unabhängigkeit von Zulieferungen aus anderen Teilen der Welt in einer globalisierten Wirtschaft nicht von Deutschland alleine gestemmt werden können. Hier wird es gemeinsame Anstrengungen im europäischen Rahmen geben müssen.

Kritische Arzneimittel, die jederzeit verfügbar sein müssen (z.B. Antibiotika), müssen durch krisenfeste Lieferketten gesichert werden. Die pharmazeutische Industrie steht hier in der Pflicht, ihren Versorgungsauftrag zuverlässig zu gewährleisten. Die Erweiterung des Mandats der Europäischen Arzneimittelagentur, die jetzt Lieferengpässe europaweit überwachen und Gegenmaßnahmen koordinieren kann, war ein wichtiger Schritt für mehr Versorgungssicherheit. Die teilweise Rückverlagerung von der Arzneimittelproduktion nach Europa kann hier einen zusätzlichen Beitrag leisten. Allerdings muss bedacht werden, dass diese wiederum von Vorprodukten abhängig ist, deren Lieferbarkeit ebenso gefährdet sein kann. Für die Entwicklung medizinischer Innovationen müssen neue Finanzierungsmodelle wie angepasste Vergütungsmodelle geschaffen werden.

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen jederzeit gewährleistet ist. Engpässe in der Versorgung müssen vermieden und bekämpft werden. Wir treten daher für eine verstärkte Produktion von Arzneimitteln in der EU ein. Darüber hinaus wollen wir Lieferketten diversifizieren und Abhängigkeiten von Drittstaaten bei der Versorgung mit Wirk-, Hilfs- und Rohsto†en verringern. Wir halten es insgesamt für sinnvoll, die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für eine verstärkte gemeinsame Beschaffung im medizinischen Bereich zu nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mit dem im vergangenen Sommer beschlossenen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz der Koalition wurden bereits wichtige Maßnahmen umgesetzt, z.B. die zusätzliche Berücksichtigung der Wirkstoffproduktion in Deutschland und der EU bei Ausschreibungen von Kassenverträgen oder die Einrichtung eines Frühwarnsystems bei Arzneimittellieferengpässen.

Die Linke sieht auch Gefahren, wenn die Kommission plant, die nationalen Gesundheitssysteme zu harmonisieren. Wir werden keinen Maßnahmen zustimmen, die das Versorgungsniveau in Deutschland verschlechtern. Man muss aber auch die Chancen sehen. So ist es natürlich sinnvoll, wenn man das Problem der weltweiten Lieferengpässe und der Monopolisierung in der Produktion auf europäischer Ebene angeht. Hier sind zahlreiche Kooperationen möglich, die sowohl in der Bevorratung als auch in der Produktion Sinn ergeben können. Nicht zuletzt ist natürlich auch die Marktmacht der Union größer als die der einzelnen Mitgliedstaaten.

Medical Device Regulation (MDR) - Medizinprodukteverordnung 1

Welche Ziele verfolgt Ihre Partei, um kleineren Herstellern von Medizinprodukten die Marktteilnahme weiterhin zu ermöglichen, med. Fortschritt sowie Bestandsprodukte zu sichern,(Re-)Zertifizierungsverfahren zu beschleunigen und die Verlagerung der Produktion ins nicht EU-Ausland zu verhindern?

Eine sinkende Verfügbarkeit von Medizinprodukten bedroht die Versorgung. Deshalb haben wir uns für Fristverlängerungen für die Re-Zertifizierung und auch für eine längere Gültigkeit bereits vergebener Zertifikate eingesetzt. Wir wollen investitionsfreundliche Rahmenbedingungen so gestalten, dass kein kleiner Hersteller von Medizinprodukten eine Verlagerung ins Nicht-EU-Ausland erwägt.

Die Preisgestaltung von Medizinprodukten liegt im Verantwortungsbereich der Vertragspartner und ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers. Die spezielle Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen aus dem Bereich der Medizinprodukte kann nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung erfolgen, sondern wäre Gegenstand der Wirtschaftsförderung.

Patient*innen in Europa müssen sich auf die Sicherheit von Medizinprodukten verlassen können. Daher begrüßen wir die Verschärfung von Regelungen zur Produktsicherheit. Gleichwohl müssen alle Regulierungen auch verhältnismäßig und von den Herstellern bewältigbar sein. Das ist mit der neuen Medical Device Regulation nicht in allen Bereichen der Fall. Daher setzen wir uns für eine schnelle Evaluierung und darauf fußende Nachbesserung ein, insbesondere um kleineren Herstellern von Medizinprodukten die Marktteilnahme weiterhin zu ermöglichen.

Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet, siehe unten.

Kleinere Hersteller und Nischenprodukte sind natürlich stärker von der Medizinprodukteregulation (MDR) betroffen als große Hersteller und Massenprodukte. Unser Ziel ist, dass durch die Regulation kein Anwendungsgebiet „verwaist“. Man muss zur Vermeidung von unnötigen Kosten stark differenzieren zwischen sicherheitskritischen Produkten und solchen, die es nicht sind. Wir brauchen praxisnahe Lösungen, die den Patient*innen maximale Sicherheit geben.

Medical Device Regulation (MDR) - Medizinprodukteverordnung 2

Durch den Wegfall kleinerer Hersteller und die Reduzierung auf einige marktbeherrschende Unternehmen gibt es Preissteigerungen bei Medizinprodukten. Diese
Kosten können nicht weitergegeben werden. Wie will Ihre Partei sicherstellen, dass die zusätzlichen Kosten für die Praxen ausgeglichen werden?

Es ist unser Bestreben, eine zuverlässige Versorgung mit Medizinprodukten in Deutschland und Europa auch in Zukunft zu gewährleisten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich durch die Inflation sowie Steigerungen der Energiepreise deutlich verschlechtert. Auf europäischer und nationaler Ebene werden wir darauf hinwirken, weitere Belastungen für die Zahnärzteschaft zu vermeiden.

Siehe Antwort 4.

Wir setzen uns dafür ein, dass sich steigende Ausgaben und Preissteigerungen in der Vergütung der Praxen widerspiegeln.

Wir Freie Demokraten wollen Wettbewerb auf Augenhöhe. Die Medizinprodukteindustrie hat nicht nur eine erhebliche ökonomische Bedeutung für den Standort Deutschland und Europa, sondern gerade die Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gewährleistet eine Versorgung der Patientinnen und Patienten mit hochwertigen und innovativen Medizinprodukten über die Grenzen der EU hinaus. Deswegen wollen wir die Bürokratie im Gesundheitsbereich reduzieren und die Zulassungsverfahren für Medikamente und Medizinprodukte vereinfachen und beschleunigen, ohne Kompromisse bei der Patientensicherheit zu machen. Zu aufwendige und bürokratische Verfahren treffen insbesondere kleine Hersteller überproportional und führen zu Kostensteigerungen.

Das ist ein Problem, das sich den nationalen Gesundheitssystemen stellt. Da die Kosten der Medizinprodukte im Wesentlichen Praxiskosten sind, sind sie in den Verhandlungen der KZBV und des GKV-Spitzenverbands zu berücksichtigen. Soweit dieser Mechanismus der Selbstverwaltung nicht funktionieren sollte, wäre die Politik in der Pflicht

Akademisierung von Assistenzberufen (Delegation)

Wie steht Ihre Partei zur Akademisierung der Assistenzberufe im zahnärztlichen Umfeld und der Erweiterung der unabhängigen Berufsausübungsmöglichkeiten ohne zahnärztliche Delegation und Aufsicht?

Eine generelle Akademisierung der Gesundheitsberufe lehnen wir ab. Die Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten zählt zu den am stärksten nachgefragten dualen Ausbildungsberufen in Deutschland und wurde erst 2022 auf veränderte Rahmenbedingungen angepasst. Die Ermöglichung von Karrierepfaden und Aufstiegschancen fördern hierbei gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit und stärken die Bindung an die Praxis.

Die SPD setzt sich dafür ein, dass die Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen neu austariert wird. In vielen anderen Ländern haben nichtärztliche medizinische Berufe sehr viel weitergehende Kompetenzen als in Deutschland. Dies trägt erheblich zu einer gesteigerten Attraktivität dieser Berufe bei.

Grundsätzlich befürworten wir im Interesse einer besseren Arbeitsteilung und Zusammenarbeit in unserem Gesundheitswesen auch die Ausweitung von Delegation und Substitution bislang ärztlicher Leistungen. Vor diesem Hintergrund bauen wir die Kompetenzen etwa von Pflegeberufen, Therapieberufen sowie weiteren Gesundheitsfachberufen schrittweise aus. Dazu gehört auch die Akademisierung eines Teils dieser Berufe. Assistenzberufe wie etwa OTAs oder MFAs sollten bei Erwerb entsprechender Qualifikationen auch weitere Kompetenzen erhalten können. Eine Akademisierung der entsprechenden Ausbildungsgänge bei Assistenzberufen ist jedoch nicht zielführend.

Wir Freie Demokraten erkennen an, dass eine Akademisierung die Attraktivität des einzelnen Berufsbildes fördern kann. Ebenso kann die Delegation ärztlicher Leistungen in bestimmten Bereichen geeignet sein, einer räumlichen Ausdünnung der Versorgung entgegenzuwirken. Im Bereich der Assistenzberufe im zahnärztlichen Umfeld sehen wir derzeit allerdings keinen konkreten Handlungsbedarf.

Die Linke steht einem solchen Ansinnen, wenn es aus der Berufsgruppe kommt, grundsätzlich offen gegenüber. Einige Voraussetzungen müssen aber gegeben sein: In erster Linie muss es den Patient*innen einen Nutzen bringen, es darf zumindest nicht schaden. Akademisierung nur um der Akademisierung willen ergibt natürlich keinen Sinn. Es muss sich um ein Berufsbild handeln, das in seinem Aufgabengebiet selbstständig und evidenzbasiert arbeiten kann. Für die Angehörigen eines Berufs ist es zudem sehr hilfreich, wenn es in der EU vergleichbare Berufsabschlüsse gibt, sodass ein Arbeiten in jedem Mitgliedstaat möglich ist. Im Bereich der Zahngesundheit sind da wohl als erstes Zahntechniker*innen und Dentalhygieniker*innen zu nennen.

Fachkräftezugang aus Drittstaaten (Non-EU)

Welche Ziele verfolgt Ihre Partei, um die Prüfung und Anerkennung ausländischer Abschlüsse (aus Nicht-EU Staaten) in sichere und nachvollziehbare Bahnen zu lenken und damit die Patientensicherheit zu gewährleisten?

Wir wollen Zertifikate und Zeugnisse im Europäischen Bildungsraum anerkennen und Kriterien entwickeln, die eine Vergleichbarkeit der Bildungsabschlüsse in allen Bereichen (Schule, Hochschule sowie berufliche Bildung) gewährleisten – ohne bewährte Strukturen zu untergraben.

Die schnelle Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir in Deutschland die dringend notwendige Zuwanderung von Fachkräften auch aus Nicht-EUStaaten organisieren können. Dazu haben wir zum 1. März 2024 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Neben den Regelungen auf Bundesebene, die z. B. auch Gesundheitsberufe regeln, werden auch viele Berufsanerkennungen in der Zuständigkeit der Länder geregelt, wie z. B. Lehrer*innen oder soziale Berufe.

Viele Unternehmen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sind auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Gleichzeitig gehören die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Qualifikationen zu den größten Herausforderungen, mit denen Migrant*innen aus dem Nicht-EU-Ausland beim Zugang zum Arbeitsmarkt konfrontiert sind. Häufig führen unnötige bürokratische Hürden dazu, dass gleichwertige Berufsabschlüsse nicht anerkannt werden. Das wollen wir ändern. Wir wollen die Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung von Menschen mit verschiedenen Quali¤kationsniveaus mit EUweiten gemeinsamen Rahmenregelungen fördern. Die Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus Drittstaaten soll in der EU einheitlich gestaltet und vereinfacht werden, sodass ausländische Fachkräfte bei gleicher Qualifikation leichter eingestellt werden können, ohne die Patient*innensicherheit zu gefährden.

Wir Freie Demokraten fordern digitale One-Stop-Shops in jedem EU-Mitgliedstaat, um die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zeitnah und unbürokratisch umzusetzen. Die bürokratische, komplizierte und langwierige Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden, steht der Arbeitnehmerfreizügigkeit noch zu oft im Weg. Oft sind Abschlüsse vorhanden, aber die komplizierte Realität ihrer Anerkennung im Ausland verschließt künstlich Türen. Deshalb braucht jeder Mitgliedstaat eine zentrale Stelle, die eine einfache und schnelle Übersetzung ausländischer Abschlüsse in ihre nationalen Pendants ermöglicht. Gerade im Gesundheitswesen sind wir nicht zuletzt aus demogra¤schen Gründen auf medizinisches Fachpersonal aus dem Ausland angewiesen. Deswegen setzen wir auf Entbürokratisierung und Beschleunigung der Anerkennungsverfahren durch gut ausgestattete Vollzugsbehörden, Standardisierung und Digitalisierung, nicht aber durch Abstriche bei der Qualität der Abschlüsse.

Gesundheitsberufe stehen ganz oben auf der Liste der ausländischen Berufsabschlüsse, für die eine Anerkennung in Deutschland beantragt wird. Daher hat das Thema für uns besondere Relevanz. Wir haben das Ziel, dass vergleichbare Abschlüsse möglichst schnell anerkannt werden. Das nützt den Patient*innen und auch denjenigen, die den Beruf ausüben möchten. Zuständige Länderbehörden müssen miteinander kooperieren und innerhalb angemessener Zeit verbindliche Bescheide ausstellen. Wenn Ausbildungsinhalte im ausländischen Abschluss fehlen, müssen Angebote existieren, die die fehlenden Inhalte vermitteln. Selbstverständlich muss die Patient*innensicherheit vollständig gewahrt bleiben.